Eine alte Seemannsweisheit sagt: „Wenn du alt werden willst, dann meide Kap Hoorn und reffe rechtzeitig die Segel“. Diese Redensart kommt nicht von ungefähr, denn vor der Südspitze Südamerikas liegt der bekannteste Schiffsfriedhof der Welt. Etwa 800 Wracks finden sich in dieser Region und man schätzt, dass rund 10.000 Seeleute dort ihr Leben ließen.

Abgesehen von der Magellanstraße und dem Beagle-Kanal, war die Umrundung des Kaps lange Zeit die einzige Möglichkeit, in westlicher Richtung die amerikanische Pazifikküste zu erreichen. Erst die Eröffnung des Panama-Kanals im Jahr 1914 verkürzte und erleichterte die Passage für Dampfschiffe. Große Tiefwassersegler nutzten aber weiterhin den Weg um den südlichsten Punkt Südamerikas.

Die dort herrschende Westwinddrift stellt für Schiff und Mannschaft eine besondere Herausforderung dar. Die großen Rahsegler mussten oft bei Kälte, driftenden Eisbergen und hoher See gegen den stürmischen Wind kreuzen. Als längste Kap-Umrundung berühmt wurde die Fahrt der „Susanna“ im Sturmwinter 1905. Ganze 99 Tage kämpfte das deutsche Segelschiff gegen Sturm und hohe See an, um in den Pazifik zu gelangen. Zum Vergleich brauchte die „Priwall“ bei der schnellsten Umrundung 1938 nur 5 Tage und 14 Stunden.

So ist es kein Wunder, dass die felsige Südspitze der Insel Isla Hornos bei den Seeleuten zu einem Mythos wurde. 1937 gründete sich im französischen St. Malo die internationale Bruderschaft der Cap Hoorniers. In diesen exklusiven Club wurde nur aufgenommen, wer als Kapitän auf einem Frachtsegelschiff ohne Hilfsmotor das Kap in Ost-West-Richtung umrundete. Das Symbol der Bruderschaft war der Albatros, ein großer Seevogel, der ausschließlich zum Brüten Land betritt. Nach altem Seemannsglauben nehmen die Seelen verstorbener Seeleute die Gestalt dieser Seevögel an.

Der letzte Windjammer, der das Kap mit Fracht und ohne Hilfsmotor umrundete, war die „Pamir“ im Jahr 1949. Seit dieser Zeit konnte demzufolge kein weiterer Seemann in die Bruderschaft der Cap Hoorniers aufgenommen werden. Sie wurde 2003 aufgelöst. Das Durchschnittsalter der Mitglieder betrug 87 Jahre.