In diesem Raum befindet sich das Zentrum unserer Kapitänsbild-Ausstellung. Die hier ausgestellten Gemälde und Aquarelle sind zwischen 1807 und 1935 entstanden. Sie spiegeln die Entwicklung der Segelschifffahrt über einen Zeitraum von mehr als 100 Jahren bildhaft wider. Aber wer hat diese Bilder beauftragt und wer hat sie geschaffen? Um diese Fragen beantworten zu können, müssen wir uns zunächst auf eine Zeitreise begeben.
Vor allem in katholischen Gebieten war es schon seit Jahrhunderten Tradition, dass man sich nach der Rettung aus einer großen Gefahr und einem damit verbundenen Gelübde an einen Heiligen ein Votivbild von diesem Ereignis malen ließ. Es erinnerte dann öffentlich an die gefahrvolle Situation und die Rettung. Dieser religiöse Brauch wurde auch in Hafenstädten gepflegt. Und da die Seefahrt schon immer voller Gefahren war, entstand auch eine Vielzahl von Bildern mit Schiffsdarstellungen.
Ab dem 17. Jahrhundert wandten sich die Maler zunehmend von religiösen Themen ab und malten, was sie umgab. Besonders in den Niederlanden und in Großbritannien entwickelte sich eine ausgeprägte Form der Marinemalerei, die insbesondere Seeschlachten und Kriegsschiffe zum Thema hatte. Es gab aber auch ortsfeste Marine-Maler, die nur Schiffe in ihrer direkten Umgebung malten – wie die in Marseille ansässige Malerfamilie Roux, deren Vertreter über Generationen vor allem Handelsschiffe porträtierten.
Diese Schiffsdarstellungen fanden durch den regen Seehandel schnell Verbreitung und wurden Mitte des 19. Jahrhunderts zur Mode. Und so waren die Maler von Schiffsbildern gegen Ende des 19. Jahrhunderts in allen wichtigen Häfen Europas, Nordamerikas, aber auch in China und Japan anzutreffen.
Aber warum heißen die Bilder nun Kapitänsbilder, obwohl sie doch keine Kapitäne, sondern Schiffe zeigen?
Zur Zeit ihrer Entstehung wurden die Gemälde vermutlich nur als Schiffsbilder bezeichnet. Der Begriff Kapitänsbild ist eine neuere Schöpfung und verweist darauf, wer die Bilder überwiegend in Auftrag gab: nämlich die Kapitäne der dargestellten Schiffe. Ein solches Bild entstand überwiegend aus einem Anlass heraus, wie die Ankunft in einem fernen Hafen oder die Übernahme des Schiffs. Das fertige Kapitänsbild hing dann in der Kajüte des Kapitäns und im Ruhestand über dem Sofa in der guten Stube.